Saturday, February 8, 2014

Mikrowellenwasser: Versuchsanordnung

Ausgangssituation

Also habe ich mich dazu entschlossen, ein Experiment nachzustellen, das im Jänner 2014 offenbar für ein bisschen Aufregung in den Tiefen diverser Social Networks gesorgt hat. Dabei geht es um zwei gleichwertige Basilikum-Pflanzen, die beide regelmäßig mit abgekochtem Wasser gegossen worden seien. Die eine Pflanze jedoch mit Wasser, das in einer Mikrowelle zum Kochen gebracht wurde, die andere mit Wasser, das „normal abgekocht“ worden sei. Die mit Mikrowellenwasser gegossene sei binnen zehn Tagen eingegangen, während sich die andere prächtig entwickelt habe.

„Das unheimliche Mikrowellen-Experiment“ von Pravda TV (nofollow)

Die einen schütteln darüber vielleicht den Kopf, andere haben es vielleicht immer schon gewusst, aber ich habe mich gefragt: warum macht man nicht einfach die Probe aufs Exempel, wenn schon einmal so leicht nachprüfbare Behauptungen in den Raum gestellt werden. Auf der besagten Seite liest man auch allerlei über Chemtrails, das HAARP-Projekt oder UFOs, die letztens in Bremen gesichtet worden seien, aber für eine nähere Untersuchung solcher Phänomene fehlen mir üblicherweise immer die Ressourcen. Aber ich hab gerade gut Zeit, Basilikum ist leicht zu besorgen und eine Mikrowelle und Wasser hab ich – perfekt!

Viel wird über die Versuchsanordnung leider nicht gesagt, aber es wird ein Prof. Dr. Hans Peter Hutter vom Institut für Umwelthygiene der Universität Wien zitiert, der dem Ganzen wohl einen gewissen wissenschaftlichen Anstrich verleihen soll. Fairerweise kommt auch ein Strahlenchemiker Dipl. Ing. Christoph Denk zu Wort, der sich aber nur wundert.

Problem

Ich bin kein Wissenschaftler, aber ich hoffe, die meisten denken wie ich, dass man so ein beiläufiges Kräuter-Gießen wohl kaum „Experiment“ nennen kann. Wenn man nur zwei Pflanzen hat, dann muss ja fast eine früher eingehen als die andere – über die durchschnittliche Lebenserwartung von Basilikumpflanzen wissen wir ja eigentlich nichts. Es wird auch kein Wort darüber verloren, wie gegossen wurde – mit welcher Menge und wie oft. War es denn überhaupt die gleiche Menge bei beiden Pflanzen? Sind während des Versuchs die Bedingungen geändert worden? Was sind das für lustige Kugeln im letzten Bild? Wenn es so viele unbekannte Faktoren gibt, wie soll man dieses Experiment denn später überprüfen können? Nebenbei bemerkt gibt sich der Autor des Artikels auch nicht zu erkennen, so dass (oder damit?) man nicht nachfragen kann, wie diese Sache genau abgelaufen ist.

Bei meinem Experiment soll das anders sein, habe ich beschlossen. Darum werde ich versuchen, dieses Experiment so detailliert wie möglich zu beschreiben. Ich werde notwendige Bedingungen definieren, damit man es öfter wiederholen kann, wenn man will, ich werde auch im Vorhinein klar stellen, was ich mit dem Experiment erreichen will, dann werde ich den Verlauf ausreichend dokumentieren und natürlich werde ich mich feierlich als Hauptverantwortlichen erklären, und garantieren, dass alles mit rechten Dingen zu geht, ohne Netz und doppelten Boden und nach bestem Wissen und Gewissen. Also…

Versuchsanordnung

  • Wir brauchen (je nach Größe des Versuchs mindestens): zwei Versuchshelfer („X“ und „Y“), zwei möglichst identische Basilikumpflanzen („A“ und „B“) auf einem geeigneten Platz, sauberes Wasser, eine Mikrowelle und einen Herd oder Wasserkocher, zwei große, identische Behälter, zwei kleine Messbecher.
  • Zuerst müssen die Versuchshelfer „verblindet“ werden, niemand darf also wissen, welche Pflanze mit welcher Flüssigkeit gegossen wird. Das geschieht so:
Bild 1. (Punkt 1–4); Bild 2. (Punkt 5–7); Bild 3. (Punkt 8) 

    1. X kocht einmal Wasser in der Mikrowelle und einmal am Herd oder in einem Wasserkocher auf. Nennen wir die dabei entstehenden Flüssigkeiten „MWW“ (für Mikrowellenwasser) und „GGW“ (gewöhnlich gekochtes Wasser). Beim MWW sollte man eventuell darauf achten, dass das entnommene Wasser aus der Leitung möglichst kalt ist, damit es möglichst lang der Strahlung ausgesetzt ist, um den zu untersuchenden Effekt zu maximieren.
    2. X füllt nach dem Aufkochen die Flüssigkeiten getrennt in zwei identische, verschließbare Behälter. Um ganz sicher zu gehen, sollte man darauf achten, dass nichts vom MWW mit dem GGW in Berührung kommt. Strahlung könnte ja ansteckend sein, wir wissen es nicht.
    3. X kennzeichnet nun die Behälter zufällig mit irgendeinem Zeichen (z.B. „rechts“ und „links“) und notiert sich dies auf einen Zettel (z.B.: MWW - links, GGW - rechts). Y darf zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend sein, bzw. darf Y nicht nachvollziehen können, welcher Behälter welche Flüssigkeit enthält!
    4. Behälter sollten nun auf Raumtemperatur auskühlen.
    5. Jetzt verabschiedet sich X und Y geht zu den Behältern.
    6. Y beschriftet nun zufällig einen Behälter mit „A“ und einen mit „B“ und notiert sich das mitsamt der Kennzeichnung von X auf einen Zettel (z.B.: A - links, B - rechts). Um ganz sicher zu gehen, kann Y eine Münze werfen, um zu bestimmen welcher Behälter mit welchem Buchstaben beschriftet werden soll.
    7. Y entfernt die Kennzeichnung von X und stellt die ausgekühlten Behälter zu den Basilikumpflanzen, die auch mit den entsprechenden Buchstaben A und B beschriftet sind.
    8. X und Y heben sich ihre Zettel geheim auf, diese werden erst zum Ende des Versuchs miteinander verglichen!
    9. Bei Bedarf (wenn später noch mehr Wasser benötigt wird) können die Schritte 1-7 wiederholt werden, aber natürlich muss man sicher gehen, dass sowohl X als auch Y die zuerst gewählte Methode exakt wiederholen. Das heißt, wenn z.B. Behälter „links“ MWW enthalten hat, muss das alle weiteren Male genau so sein!
  • Jetzt ist gewährleistet, dass weder X noch Y weiß, welcher Behälter mit welcher Flüssigkeit gefüllt ist.
  • Die Pflanzen werden nun jeden Tag mit gleich viel Wasser aus den entsprechenden Behältern gegossen. Dabei sollte man zwei getrennte Messbecher verwenden, die auch mit A und B beschriftet werden. Wie viel Wasser man benötigt, ist natürlich von vielen Faktoren abhängig (Größe der Pflanzen, Zimmertemperatur, Dichte der Erde…). Eine mir persönlich sehr sinnvoll erscheinende Methode ist, das Wasser in eine Untertasse zu gießen und je nachdem, wie schnell das Wasser von den Wurzeln aufgesogen wird, zu entscheiden, ob die Pflanze zusätzliches Wasser benötigt. Aufgrund unserer Versuchsanordnung sollte man aber kein überschüssiges Wasser wegschütten, weil sonst die verabreichte Menge fehlerhaft wird.
  • Die Position der Pflanzen sollte täglich getauscht werden, um eventuell unterschiedliche Licht- und Luftverhältnisse auszugleichen.
  • Der Versuch wird so lange durchgeführt, bis eine der Pflanzen deutlich verwelkt ist.
  • Erst jetzt vergleichen X und Y ihre geheim aufbewahrten Zettel, um festzustellen, womit die Pflanzen gegossen wurden.
Mit diesen Richtlinien sollte es jedem/r möglich sein, selbst das Experiment zu wiederholen und die Ergebnisse mit diesem zu vergleichen.

Hypothese

Ein vernünftiges Experiment braucht eine Hypothese, hat man mir gesagt. Hier ist es recht einfach, weil schon ein Experiment durchgeführt wurde, aus dem bereits Schlussfolgerungen gezogen wurden. Man kann eventuell sogar sagen, man hat eine „Theorie“. Ich formuliere die Hypothese also so:
„Basilikumpflanzen, die täglich mit MWW gegossen werden, zeigen nach spätestens zehn Tagen deutliche Anzeichen von Welke.“
Weil im Pravda-Experiment die mit MWW gegossene Pflanze ja schon nach drei Tagen offensichtlich schwach geworden ist, sind die zehn Tage, nach denen dieses Experiment abgebrochen wurde, ein fairer Zeitraum, finde ich.

Wissenschaftlicher Beirat

Als Versuchshelferin Y und einzige Akademikerin in der Familie wird mich meine Freundin Marlene mit Rat und Tat und nicht zuletzt mit ihrer durch die Universität Wien verliehenen Reputation unterstützen.

2 comments:

  1. Aber nicht dann heimlich einer Pflanze gut zureden und die andere ständig ausschimpfen, bis sie aus lauter Verzweiflung die Blätter fallen lässt! ;)

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    1. keine sorge ;) deswegen mach ich ja die verblindung. ich werd zu allen gleich nett sein, ihnen schöne lieder vorsingen und vor dem schlafen gehen noch fest an sie denken :D

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